Idea und Frieda kamen, sahen und siegten
2025 - Die Sommerausgabe der ‘Vollblut’ enthält dieses Jahr einen Artikel, der die Vielseitigkeit des Vollblutes noch einmal unterstreicht: Stute Idea und ihre junge Reiterin Frieda Schulze-Zurmussen starten spontan in Hohen-Luckow im Wettkampf um die Goldene Schärpe und gewinnen mit sehr guten Noten.
Diese Geschichte hat einen anderen Anfang als üblich für einen Vollblüter: nicht Rennbahn, sondern Vielseitigkeitssport für die Stute Idea von Pastorius aus der Intschu Tschuna von Lando. Als Jährling war sie auf der Auktion in Baden-Baden, fand trotz hervorragendem Pedigree keinen adäquaten Käufer. So entschloss ich mich, die Stute nicht nach Marokko auswandern zu lassen, sondern ich kaufte sie zurück und fasste einen Entschluss. Idea sollte erstmalig nicht ins Galopprenntraining gehen, sondern zum Reitpferd ausgebildet werden. Das Training wurde allerdings wie im Galopprennsport bereits als Jährling aufgenommen. Idea präsentierte sich unter dem Sattel gelassen und mit guter Arbeitseinstellung. Zwei-jährig ging sie noch einmal auf die Weide und Anfang 3-jährig begann ihr Reitsport-Alltag.
Unter der Reiterin Jana Schoupal, die eine Ausbildung am Olympiadekomitee als Vielseitigkeitsreiterin absolvierte, entwickelte sich die Stute zu einem talentierten Reitpferd, das unerschrocken und mutig neben Dressur und Springen auch das Geländetraining meisterte. Vierjährig kam ein Reiterwechsel hinzu, die heutige Studentin Linn Zepke formte die Stute vier- und fünf-jährig zu einem routiniertem Vielseitigkeitspferd mit der besonderen Gelassenheit im Gelände und der großen Rittigkeit aufgrund ihrer Intelligenz im Dressur-Viereck und Spring-Parcours. Die Folge war eine ganze Reihe an Siegen und Platzierungen in altersgerechten Klassen.
Linn Zepkes Traum war, die Stute in den nächsten Jahren im schwereren Vielseitigkeitssport vorzustellen. Ein kleiner Weideunfall mit einem Cut auf der Hinterhand unterbrach das Training und bescherte eine halbjährliche Pause für das Paar. Der Neuanfang war sechs-jährig ein Sieg in einer A**-Prüfung in Rhynern, wo sie 36 Starter hinter sich ließen, und die einzige Starterin war, die in der vorgeschriebenen Zeit blieb. Idea war zurück und das herbst-winterliche Training sollte der Beginn einer neuen Offensive auf Ein- und Zwei-Sterne-Niveau sein.
Im März dieses Jahres dann der nächste Rückschlag: diesmal allerdings nicht das Pferd, sondern die Reiterin. Linn begann ihr Jura-Studium in Bielefeld und es zeigte sich, dass sie sich aufgrund der räumlichen Entfernung und des Lern-Pensums dazu entscheiden musste, eine längere reitsportliche Pause einzulegen. Mein Traum von der Entwicklung der Stute schien zu platzen. Reiterinnen wie Linn fallen schließlich nicht einfach so vom Himmel. Meine Suche in der Profiklasse der Vielseitigkeitsreiter scheiterte aufgrund der fortgeschrittenen Saison. Die Folge war, sollte die Stute nicht in die Zucht gehen, der Blick in die Kategorie der Nachwuchsreiter. Durch Vermittlung einiger Insider stieß ich auf die junge Reiterin Frieda Schulze Zurmussen. Frieda ist Tochter passionierter Eltern, die den Ponyhof Georgenbruch in der nächsten Nachbarschaft zu Warendorf betreiben. Nach einem Proberitt war klar, dass Frieda und Idea ein bis zwei Stunden bei dem bislang betreuenden Springtrainer Mark Scharfetter absolvieren sollten. Schon nach der ersten Stunde war offensichtlich, dass die beiden ein Team werden könnten. Alle weiteren Stunden bekräftigten diese Einschätzung. Frieda war zwölf Jahre alt und meine logische Berechnung in punkto langlebiger Gemeinschaft zwischen Reiter und Pferd belief sich auf mindestens fünf bis sechs Jahre.
Die ersten Turniere drei Wochen später in Springen und Dressur konnten nicht besser laufen: Siege und Platzierungen und das mit Noten, die vielversprechend waren.
Frieda war bereits mit ihrem Pony für die goldene Schärpe in Hohen-Luckow in 2025 nominiert. Ein Abschlusstraining auf dem Geländeplatz in Münster unter der Anleitung des Team-Trainers für Westfalen stand an. Idea konnte als Begleitpferd mitfahren und sollte eigentlich nur zur Übung einen Proberitt absolvieren. Der Trainer verfolgte auch diesen Ritt und war dermaßen angetan, dass er kurzerhand entschied, Idea und Frieda auch für die Großpferdetour der Goldenen Schärpe zu nominieren. „Wir probieren es einfach“, war die Devise.
Was dann folgte, ist eigentlich ein kleines Märchen: eine der jüngsten Reiterinnen dieser Tour, Frieda Schulze Zurmussen, absolvierte in einer absoluten Gelassenheit mit hervorragenden Noten die Dressur und auch den theoretischen Teil. Das Gelände stand an. Mit großer Konzentration und Selbstverständlichkeit ritten Frieda und Idea sehr rhythmisch und gleichmäßig durch das Gelände, mit einer Endnote von 8,9. Allerdings: das Tempo war zu gering, sodass am Ende 0,5 Punkte abgezogen werden mussten. Damit war klar, dass es sicherlich für eine Platzierung reichen würde. Die morgendliche Musterung des Pferdes vor den Richtern an der Hand ergab eine glatte 10,0. Die Spannung stieg wieder. Als vorletzte ritt Frieda durch den Spring-Parcours und zeigte hier, was Harmonie zwischen Reiter und Pferd bedeutet.
Eine 8,7 brachte das Endergebnis in eine neue Reihenfolge. Siegerin der Goldenen Schärpe 2025 in Hohen-Luckow in der Einzelwertung, zweite Abteilung und 2. Platz in der Mannschaftswertung für Westfalen: Frieda Schulze Zurmussen auf der Vollblutstute Idea XX. 47 Warmblüter hinter ihr dokumentieren eine herausragende Leistung dieser intelligenten Vollblutstute in größter Harmonie mit ihrer Reiterin.
Ein wirklich tolles Beispiel für Vollblut im Einsatz im Reitsport. Wir freuen uns auf viele weitere Erfolge dieses harmonischen Paares.
Bilder: Ute Goedecke und Privat